BESITZ  BEDEUTET  BESESSENE -- Eine Bankrotterklärung

2011 Juni

/ eine Bankrotterklärung

„Wir sprechen nur.“ Peter Handke

Es satt haben – doch der global gespeiste Newsfeed endet nie. Die neue Eigenproduktion des Theaterdiscounters blickt auf Informationsströme und entwickelt das kleine 1x1 der Betroffenheitsökonomie. Wann darf man vor weltumspannenden Problemen auch mal die Augen verschließen? Ist die Realitätsausbeute bei der Nachrichtenverarbeitung nicht immer nur eine Fiktion mit Wahrheitscharakter?

Konsumenten kaufen rote Rosen, billiges Fleisch und das halbe Pfund Butter zu 1,29 € Maximum! Sie wollen also den Hunger in Afrika und die Rodung des Amazonas-Gebiets und die Agrarsubventionen der EU zur Vernichtung der Kleinbauern in Asien. Die Verstrickungen des Einzelnen mit dem Rest der Welt sind überkomplex. Kritisches Konsumverhalten als Interventionsangebot an den privilegierten Mittelstand. Lohndumping und Hartz IV für den Rest. Was passiert mit der Manövriermasse Mensch in einem Geflecht aus Wirtschaftsinteressen und Machtansprüchen?

„Informiert euch!“ müsste der erste aller Aufrufe lauten. Aber wie und über was wie viel? Wann weiß man Bescheid? Was tun mit all den Informationshäppchen? Wie hören sich 120 Millionen geschlachtete Hühner an? Ist das relevant? Wie viele Diktatoren gibt es? Was genau macht eigentlich die Weltbank? Was der IWF? Wer schafft es heute noch, sich zu informieren, bis er wirklich informiert ist? Statt immer gleich handeln zu wollen, erstmal die Lage sondieren: Ein Teil der Menschen lebt im Überfluss auf Kosten eines anderen Teils. Diese Gleichzeitigkeit ist kein Zufall. Besitz bedeutet Besessene.

Die Produktion BESITZ BEDEUTET BESESSENE begreift das Theater als einen Ort realer Verhandlungen. In dieser Publikumsbeschimpfung 2011 geht es um die Möglichkeit des Durchdringens von Information in der Überinformation. Es geht um das Gegenwärtigmachen der Gegenwart in einer direkten Ansprache von Mensch zu Mensch. Wie muss man sich das vorstellen? Ruhig wie ein Kaffeekränzchen und zielgerichtet wie eine Ohrfeige; beschäftigt mit dem was ist.


Mit Stefan Düe / Mareile Metzner / Tina Pfurr Von Michael Müller / Heike Pelchen Bühne Silke Bauer Technik Oliver Szewc Mitarbeit Sebastian Löwe Grafik Christin Striegler Fotos Daniel S. Schaub Produktion blint Presse Kerstin Böttcher Dank an Kostümverleih Pauls Fundus Gefördert durch Senatskanzlei für kulturelle Angelegenheiten

Michael Müller und Heike Pelchen arbeiten am Theaterdiscounter als praxisorientierte Dramaturgen an eigenen Projekten und der Profilierung der Spielstätte. Im Oktober 2010 initiierten und kuratierten sie das HKF-geförderte Festival EINZELKÄMPFER MONOLOGE [ . ] WO BEGINNT WIR […[ , zu dem sie 17 Künstlerteams einluden und diese aufforderten, eine persönliche Stellungnahme zur Gegenwart, der Idee des Revolutionären und den Grenzen des Monologs zu entwickeln.