die verbesserung von mitteleuropa (oswald wiener)

2010 Dez

Uraufführung

Man hat von diesem Werk und seinem Autor irgendwann schon mal gehört. Oswald Wiener die verbesserung von mitteleuropa das war doch dieses immer wieder vergriffene Buch, wo einer die Welt in einem genialischen Rundumschlag neu erklärte? Das eigentlich nicht lesbar, aber in den Siebzigern unverzichtbare Insignie des Bücherregals war? Und Oswald Wiener - war doch der politische Flüchtling aus Österreich, folglich Kneipenbetreiber des legendären „Exil“ im guten alten West-Berlin?

Tatsächlich war und ist die „verbesserung von mitteleuropa“ einzigartig und alles in einem: Wissenschaftskritik, politisches Manifest, Roman, umfassende Sprachkritik mithilfe der Sprache, also auch ein Unding, zum Scheitern verurteilt, und doch das Urahn-Werk aller Medienwissenschafter und -anwender, prophetische Aussicht auf das bisherige Computerzeitalter und auf die lückenlose Lebensvirtualität, die uns noch bevorsteht.

Ein wegweisender, aber enorm brüchiger Text wird wieder entdeckt und zum ersten Mal in eine szenische Form gebracht und aufgeführt. Dialogfetzen, Streitgespräche, Diskurse und die fortgesetzte monomanische Dekonstruktion alles bisher Vorausgesetzten durchziehen das Konvolut und liefern das Material für die Aufführung: Wieners so detailverliebte wie anschauliche Beweisführung, dass alle wissenschaftliche Erkenntnis aber auch alle Machtausübung Sprachmuster sei, also Gestus, Sprechakt, gespielte Rolle, ausagiertes Klischee und allzu fest sitzendes Bild im Kopf.

Der Text mündet – sarkastischerweise – im Konzept des „bio-adapters“, jener perfekt programmierbaren, pass- und bedürfnisgenauen Maschine, die genau die Stimulationen und Bewusstseinsinputs bietet, die sich das „Ich“ wünscht. Einmal im bio-adapter installiert wird sich der Körper aus seiner angestammten Natur verabschieden und sein bisheriges „körperliches“ Nervensystem kann als überholte Hardware entsorgt werden.

Wieners Werk hat in Wissenschaft und Literatur viele Spuren hinterlassen und Nachfolger gefunden. Auch das postmoderne Theater hat -- etwa bei Peter Handke oder Werner Schwab – Impulse Wieners aufgegriffen. Nicht zuletzt das ist für den Theaterdiscounter der Grund, einen praktischen Blick auf das vergessene „Original“ zu werfen.


Mit Michael Gerlinger / Jörg Kleemann / Armin Köstler / Jennifer Sabel / Christoph M. Schüchner / Kirstin Warnke Regie Georg Scharegg Raum Silke Bauer Kostüme Lotte Sawatzki Technik Oliver Szewc Regieassistenz Valentin Merz Video Pablo Marte Medienpartner der Freitag / zitty