Giacumbert Nau
Feb
eine Theaterpolka nach der Erzählung von Leo Tuor
„Eigentlich ist das Leben auf der Alp nicht auszuhalten“. Dieser Satz eines Alphirten in einer Schweizer Zeitungs-Reportage macht hellhörig. Wie bitte? Das Leben auf der Alp ist eine Sehnsuchtsphantasie der Städter. Ruhe, Natur, ein einfaches, gesundes Leben?
Die Postremise Chur schält aus einer Erzählung des Schweizer Autors Leo Tuor, die den Alpsommer des Schafhirten und Wortberserkers Giacumbert Nau beschreibt, eine nicht-repräsentative aber hochalpine und dramatische Milieustudie. Es ist die Schilderung eines melancholischen Eigenbrödlers und Stänkerers, der süchtig ist nach den Bergen und seinen Tieren und gleichzeitig die Einsamkeit dort oben kaum erträgt. Eine Antithese zu „Heidi“, grob und direkt.
Albertina, die Geliebte Giacumberts, erzählt uns am Tag ihrer Hochzeit in kurzen Gedankensplittern die Geschichte des Hirten auf der Greina-Hochebene in den Bündner Bergen. In ihrer Erinnerung wird die Dorfkneipe zur Alphütte. Dort oben auf dem Berg hadert der Hirt mit sich, der Kirche, dem Pfarrer, dem Wetter, dem Schafbock -- und mit Albertina. Er schlachtet Schafe, denkt an Albertina, schreibt ihr Briefe, treibt die Herde durch den Nebel, und manchmal, für kurze Augenblicke, finden die beiden Liebenden zueinander, im feuchten Stroh der Hütte oder am Stammtisch in der Kneipe.
Das rätoromanische/walliserdeutsche Bühnenprojekt „Giacumbert Nau“ (mit Übertitelung) des Theaters Postremise Chur ist ein modernes Alpendrama über Naturverbundenheit und Naturhass, über euphorische Grenzgänge zwischen Wahnsinn und Normalität, über Verzweiflung und sexuellen Notstand.
Mit Rachel Matter / Lorenzo Polin Regie Manfred Ferrari Ausstattung Ursina Schmid Dramaturgie Rico Valär Musik Marco Schädler / Daniel Seiler Technik Hans Peter Dörig Produktion Postremise Chur