JULI
/ von Iwan Wyrypajew
Mai
An einem Tag im Juli, dem verlorenen Monat des Müßiggangs, wacht Pjotr, 63, in der zentralrussischen Einöde auf und sieht, wie das Feuer sein Haus und seinen Verstand zum Schmelzen bringt. Seine Reise zur nächstgelegenen Stadt beginnt Pjotr mit dem Mord an seinem Nachbarn, dann tötet er einen Obdachlosen und den Priester des Klosters, in dem er Obdach findet. Als er schließlich in eine geschlossene Anstalt gesteckt wird, glaubt er in der Pflegerin seine Jugendliebe zu erkennen. In einem alptraumhaften Rausch erwürgt und verspeist er sie.
Das Stück des russischen Autors Iwan Wyrypajew ist weder das Psychogramm eines Serienkillers noch das eines Abgehängten aus der Provinz, sondern die schonungslose Innensicht eines ewig jungen und unkaputtbaren, vor Lebensgier rasenden Autokraten – ohne Macht und Besitz, ohne Rücksicht auf Opfer. Für die Berliner Erstaufführung untersuchen Schauspielerin Nele Rosetz und Regisseur Leo Skverer männliche wie weibliche Perspektiven auf die Darstellbarkeit von Gewalt. Ab wann ist Brutalität nachvollziehbar, Empathie für die Täter möglich oder gerechtfertigt? Wie verändern verschiedene Rollen, Geschlechtsperspektiven oder Maskierungen die Rezeption des grausamen Akts?
Iwan Wyrypajew ist einer der führenden russischen jungen Gegenwartsdramatiker. Er stammt aus Sibirien, hat in Irkutsk und Moskau Regie studiert und ist auch als Filmregisseur und Prosaautor erfolgreich. In seinen Texten beschreibt er den Alltag und die Veränderungen in der russischen Gesellschaft, stark verdichtet und häufig poetisch überhöht. Seine Stücke werden mit großer Resonanz auf vielen europäischen Bühnen gespielt.
Mit Nele Rosetz Regie Leo Skverer Übersetzung Stefan Schmidtke Ausstattung Agathe MacQueen Klanggestaltung Martin Hachmann Dramaturgie Marcus Peter Tesch Produktion Theaterdiscounter
Leo Skverer wurde in der ehemaligen UdSSR geboren und ist in Kiel aufgewachsen. Nach einem VWL-Studium und einer dreijährigen Anstellung bei einer Investmentbank studierte er Literatur und Philosophie. Anschließend Regieassistenzen u.a. am DT Berlin und Inszenierungen am HAU 3 und Maxim-Gorki-Theater mit oft eigenen Neuübersetzungen. Fürs Schauspiel Leipzig inszenierte er Das Missverständnis nach Albert Camus, Fräulein Else und Geschlossene Gesellschaft von Sartre. 2016 war er an der Reihe Theater ist endlich ist Theater am Maxim-Gorki-Theaterbeteiligt. Das Missverständnis wurde zum Kaltstart Festival für Nachwuchsregie in Hamburg eingeladen.
Nele Rosetz wurde 1972 in Berlin geboren. Sie studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig und gehörte anschließend zum Leipziger Ensemble, wo sie in Stücken von Wolfgang Engel, Thomas Bischoff und Armin Petras zu sehen war. Es folgten Engagements in Bochum, am DT Berlin, Schauspielhaus Zürich und an der Volksbühne Berlin, dem Maxim-Gorki-Theater Berlin, sowie Frankfurt und Dresden, wo sie mit Regisseuren wie Nicolas Stemann, Dimiter Gotscheff, Karin Beier, Matthias Hartmann, Jürgen Kruse und Andreas Kriegenburg zusammenarbeitete. Darüber hinaus steht sie regelmäßig für Film und Fernsehen vor der Kamera.
Agathe MacQueen 1985 geboren. 2011 Diplom in Bühnen- und Kostümbild an der Hochschule für Bildende Künste Dresden und von 2011 bis 2013 Meisterschülerin von Barbara Ehnes. Seitdem ist sie als Bühnen- und Kostümbildnerin u. a. am Schauspiel Leipzig, Staatstheater Dresden, Staatstheater Saarbrücken, an der Bayerischen Theaterakademie/Prinzregententheater München, Schauspielhaus Wien im Rahmen der Wiener Festwochen, Theater Chemnitz, Theater Görlitz, Animationstheater Jelenia Góra (PL), Theater Neuburg an der Donau, Theater Erlangen und am Deutschen Nationaltheater Weimar tätig gewesen. Sie arbeitete u.a. mit Michael Talke, Mirja Biel, Bruno Cathomas, Tilo Krügel, Andreas Baumann, Alexandra Wilke, Steffi Sembner, Steffen Cieplik, Lena Kupatz und Leo Skverer. Seit 2019 ist sie zudem als Dozentin im Studiengang Bühnen- und Kostümbild an der HfBK Dresden tätig.
Martin Hachmann Geboren 1977. Bildender Künstler und Komponist. Er arbeitet vorwiegend mit Klang, Licht und Gesellschaftsfetzen. Seine installativen Klangskulpturen ermöglichen ein Erforschen der Schwelle zwischen sozialen Wirklichkeitskonzepten und individuellen, auditiven Wahrnehmungsszenarien. Sie wurden u. a. auf Festivals wie dem transmediale CTM Vorspiel 2016, dem Kunstfestival 48 Stunden Neukölln, dem Berliner Sonifikation Festival und dem Bloop Kunstfestival Ibiza gezeigt.
Marcus Peter Tesch Geboren 1989. Studium der Angewandten Theaterwissenschaft in Gießen. Während des Studiums Hospitanzen und Assistenzen am Schauspiel Frankfurt, der Schaubühne und am Mousonturm Frankfurt in Projekten von Falk Richter und Eisa Jocson. 2017 Nominierung für den Retzhofer Dramapreis. Zuletzt Textarbeiten am Maxim-Gorki-Theater, am Deutschen Theater und für das Berliner African Book Festival. Seit der Spielzeit 2017/18 Dramaturgieassistent an der Schaubühne, dort Mitarbeit an Dramaturgien und Recherchen für Projekte von Patrick Wengenroth, Sanja Mitrovic und Mark Waschke.
Kartenpreise € 15,- / ermäßigt € 9,-