Woyzeck überschreiben
März
WOYZECK ÜBERSCHREIBEN ist der 3. Teil einer Recherche, die sich mit den Möglichkeiten auseinandersetzt, historisches Inszenierungsmaterial zu erinnern, fortzuschreiben und zu übermalen, um gerade dadurch den Raum für eine aktuelle Auseinandersetzung zu öffnen.
Georg Büchners „Woyzeck“ scheint sich für diese Recherche perfekt zu eignen: ein Text, der aufgrund seines fragmentarischen Charakters dazu einlädt, Bruchstellen zu beleuchten, alternative Zugriffe auszuprobieren und ihn damit gerade nicht als ?soziales Rührstück? zu lesen.
Vier TänzerInnen setzen sich mit den Bewegungen und Sprechweisen von SchauspielerInnen in ihren Verkörperungen des „Woyzeck“-Personals unterschiedlicher früherer Inszenierungen auseinander und entwickeln daraus eine Choreografie. Als was können die historischen Gesten eines Schauspielers nun lesbar werden, wenn ein Tänzer sie rekonstruiert, re-enactet, nachschreibt in dem Bewusstsein, dass es sich um das Material Abwesender handelt? Welche Körper, welche Präsenzen, welche Zeitlichkeiten bringt diese Konfrontation hervor?
Im selben Zuge soll danach gefragt werden, wie sich die Performer in die verschiedenen fiktionalen Bewegungssprachen hineinbegeben und sich parallel dazu als zeitgenössische Subjekte behaupten können.
Entlang vorhandener bekannter Inszenierungen sollen theatrale Konventionen und Sehgewohnheiten befragt werden. Vielleicht kann dem Büchner-Text dadurch etwas zurückgeben werden, das immer wieder unberücksichtigt blieb.
Zusammen mit seinem Team begibt sich Regisseur Sebastian Blasius auf die Reise zu den Bruchzonen des Woyzeck-Materials und versucht eine neue Perspektive auf den ‘vielfach vom Theater geschundenen Text’ (Heiner Müller) zu formulieren.
Performance Sigal Zouk / Ludger Lamers / Arantxa Martinez / Eduard Mont de Palol Regie Sebastian Blasius Dramaturgie Daniel Franz Bühne / Kostüm Cristina Nyffeler Licht Andreas Mihan Ton Rupert Jaud Sprechtraining Vivian Lüdorf Produktionsassistenz nützlich + schön
Eine Koproduktion von i-camp/neues Theater München / Theaterdiscounter Berlin / Orangerie-Theater Köln Gefördert durch Hauptstadtkulturfonds / Landeshauptstadt München.
Sebastian Blasius *1979 in Krefeld, Studium der Angewandten Theaterwissenschaft in Gießen u.a. bei deufert + plischke, Laurent Chétouane, Mathilde Monnier. Arbeit als Regisseur, Choreograf und Theaterwissenschaftler, zuvor auch als bildender Künstler und Cellist. Verschiedene Publikationen u.a. zu Samuel Beckett und zum Theorem der Präsenz. Seine derzeitige künstlerische Recherche fokussiert, wie sich unter verschiedenen Fragestellungen vorhandene (Schauspiel-)Inszenierungen mit Tänzern rekonstruieren lassen und wie im selben Zug eine Reihe von theatralen Konventionen und Sehgewohnheiten befragt werden können.